Die richtige Gitarrensaite – eine Entscheidung mit verschiedenen Seiten

Die richtige Gitarrensaite – eine Entscheidung mit verschiedenen Seiten

Das Gitarrenspiel ist gerade zu Anfang eine Aneinanderreihung grundlegender Entscheidungen. Welcher Musikstil soll langfristig erlernt werden? Welcher Gitarrentyp ist dafür die richtige Wahl? Welche baulichen Details sollten beachtet werden? Welches Zubehör ist unverzichtbar? Wie und wo erlernt man das Spiel am besten? Diese und weitere Fragen sind von elementarer Bedeutung, nicht zuletzt für die langfristige Freude am Spiel. Doch selbst wenn diese Entscheidungen zufriedenstellend getroffen wurden, ist es noch lange nicht vorbei, mit offenen Fragen.

Jede Gitarre hat ihre Besonderheiten, die sie für verschiedene Musikstile prädestiniert und nicht zuletzt ihre individuelle Beliebtheit ausmachen. Nicht zuletzt unterscheiden sich verschiedene Bauarten im Klang.

Dabei ist das Angebot innerhalb einer Bauform vielfältig. Einzelne Modelle eines Gitarrentyps unterscheiden sich nicht nur in baulichen und Ausstattungsdetails, vor allen Dingen die Qualität der verbauten Materialien und der Verarbeitung kennt himmelweite Unterschiede, die nicht zuletzt im Preis Ausdruck finden.

Eine hochwertige, vielleicht sogar namhafte Gitarre zu besitzen und vor allen Dingen zu spielen, ist für echte Enthusiasten eine Freude und für viele ein langgehegter Wunsch. Wer eine solche Gitarre besitzt, tut meist alles, um ihr Potential optimal zu entfalten. Dabei kommt es nicht alleine auf die eigenen Fähigkeiten an. Vor allen Dingen will jede Gitarre gepflegt und vernünftig gewartet werden, egal ob günstiges Einsteigermodell oder hochwertige Edelgitarre.

Eine zentrale Rolle kommt hierbei den Gitarrensaiten zu. Einfach ausgedrückt lässt sich hier feststellen: auch die beste Gitarre verliert durch minderwertige Saiten ihre Klangqualität und umgekehrt kann man eine durchschnittliche Gitarre mit guten Saiten erkennbar aufwerten.

Um eine angemessene Kaufentscheidung treffen zu können, sollte man sich einen Überblick über das vielfältige Angebot verschaffen und sich die Unterschiede verschiedener Gitarrensaiten klarmachen.

Das Material

Für die Herstellung von Gitarrensaiten bieten sich unterschiedliche Materialien an, die sich vor allen Dingen durch individuelle Grenzen in der Saitenstärke, Unterschiede in der Belastbarkeit und nicht zuletzt Klangnuancen auszeichnen. Welches Material gewählt wird, ist neben persönlichen Vorlieben meist auch vom Gitarrentyp abhängig.

  • Nylonsaiten sind das moderne Äquivalent zu historischen Saiten aus Tierdarm. Sie bestehen aus dem bereits aus der Textilindustrie bekannten Kunststoff. Nylonsaiten werden vor allen Dingen für klassische Gitarren gewählt. Dabei bestehen die drei hohen Saiten einer fünfsaitigen Gitarre in der Regel aus einem einfasrigen Nylonseil, während die Basssaiten aus einem mehrfaserigen Kern mit einer Drahtumwicklung bestehen.
  • Silverplated Copper (versilberter Kupferdraht) ist die bevorzugte Materialwahl zur Umwicklung des Nylonkerns einer Basssaite. Eine dünne Silberschicht wird durch das Verfahren der Elektrolyse auf den Kupferkern der Umwicklung aufgebracht.
  • Stainless Steel (Edelstahl) zeichnet sich als Material für die Herstellung von Gitarrensaiten nicht zuletzt dadurch aus, dass es rostfrei ist und insgesamt eine lange Haltbarkeit verspricht. Besonders für E-Gitarren sind Stahlseiten unverzichtbar, da diese die elektrische Tonabnahme via elektromagnetischer Induktion möglich machen.
  • Nickel-Saiten basieren auf den genannten Stahlseiten, ergänzen diese jedoch um eine elektrolytische Beschichtung mit Nickel. So behalten sie ebenfalls die elektromagnetischen Eigenschaften, gewinnen dabei jedoch zusätzlich eine längere Haltbarkeit durch zusätzlichen Korrosionsschutz und liefern zudem eine angenehmere Haptik sowie einen insgesamt weicheren Klang. Darüber hinaus reduziert die Beschichtung die Reibung der Saiten an den Bundstegen und damit deren langfristigen Verschleiß.
  • Saiten mit Bronze-Umwicklung werden bevorzugt für Westerngitarren genutzt. Bei Bronze handelt es sich chemisch betrachtet um eine Legierung aus Kupfer und Zinn. Die Mischung dieser beiden Elemente wird bei Gitarrensaiten als prozentuales Verhältnis angegeben. So beschreibt die Angabe „80/20“ zum Beispiel ein Verhältnis von 80 Prozent Kupfer zu 20 Prozent Zinn. Einige Gitarrensaiten sind zusätzlich mit dem Vermerk „Phosphor“ gekennzeichnet. Hier wird bei der Legierung neben Kupfer und Zinn eine kleine Menge Phosphor eingesetzt, was die Qualität der Legierung zusätzlich erhöht.

Wicklungsmethoden – „Flat Wound“ und „Round Wound“

Wie beschrieben, ist das Grundmaterial einer Gitarrensaite in den meisten Fällen ein Saitenkern aus mehrfaserigem Nylon. Zumindest die tieferen Saiten sind so aufgebaut. Dieser Kern wird mit einem Draht aus einem der genannten Metalle bzw. Metalllegierungen umwickelt. Hier finden sich zwei unterschiedliche Methoden der Umwicklung, die charakteristisch für zwei unterschiedliche Gitarrensaiten-Typen sind.

  • Round Wound Saiten sind mit großem Abstand am weitesten verbreitet. Bei dieser Variante wird der dünne, runde Metalldraht gleichmäßig um den Nylonkern gewickelt, wodurch eine charakteristische Struktur aus fortlaufenden Wellen entsteht. Diese Formgebung ist häufig mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, sie ist aber leicht mit dem Fingernagel oder einem Plektrum zu ertasten und beim Darüberfahren auch zu hören.
  • Im Gegensatz zur Round Wound Saite nutzt die deutlich seltener anzutreffende Flat Wound Saite einen flachen Draht für die Umwicklung. Aus diesem Unterschied ergeben sich für die Flat Wound Saite zwei maßgebliche Vorteile. Die durch eine Umwicklung entstehende glatte Oberfläche erzeugt beim Darüberfahren deutlich weniger hörbaren Widerstand. Außerdem neigen Round Wound Seiten zu Schmutzansammlung in den Rillen der Umwicklung und so auch zu Korrosion. Flat Wound Saiten sind dagegen deutlich unempfindlicher und damit haltbarer. Eine Mischvariante bilden sogenannte Half Round Saiten. Hierbei handelt es sich um angeschliffene Round Wound Saiten.

Saitenstärke

Ebenfalls für die Bespielbarkeit einer Gitarrensaite ausschlaggebend ist deren Dicke. Hinter Bezeichnungen wie „ultra light“, „extra light“, „light“, „medium“, „heavy“, „extra heavy“ und zahlreichen weiteren Varianten verstecken sich zwar meist nur Abweichungen von hundertstel Millimetern, die Unterschiede in Bespielbarkeit und Klang sind jedoch meist deutlich. Dickere Saiten klingen grundsätzlich voller, sie zu bespielen erfordert jedoch mehr Kraft.

Wähle deine Saite!

Vor dieser Vielfalt an unterschiedlichen Materialien, Beschichtungen und Saitenstärken ist gerade der Anfänger schnell überfordert. Grundsätzlich gilt es hier, neben der Möglichkeit sich fachkundig beraten zu lassen oder intensiv über die Vorzüge und Nachteile zu recherchieren, zu experimentieren und eigene Vorlieben zu erkennen und zu entwickeln.

Auch wenn man mit der Anschaffung einer Gitarre und allem notwendigen und sinnvollen Zubehör bereits eine größere Investition getätigt hat, sollte nach Möglichkeit nicht versucht werden, bei der Wahl der Bespannung einzusparen. Extrem preisgünstige, einfache Saiten lassen sich nicht nur meist erkennbar schlechter Spielen, sie können dem Anfänger sogar, im wahrsten Sinne, Schmerzen bereiten, nämlich dann, wenn eine raue, unbeschichtete Oberfläche die Finger strapaziert. Die erhoffte Ersparnis relativiert sich spätestens dann, wenn minderwertige Saiten nach vergleichsweise kurzer Zeit reißen oder wegen übermäßigen Verschleiß ausgetauscht werden müssen.

Hochwertige, beschichtete Saiten hingegen lassen sich nicht nur komfortabel bespielen, sie bieten vor allen Dingen einen sauberen Klang und lange Haltbarkeit, bei gleichbleibender Qualität, die eine größere Ausgabe durchaus rechtfertigen kann.